«Sagen wir den Menschen, dass wir bereits seit Langem an stetigen Verbesserungen arbeiten und das auch weiterhin tun werden.» Das schreibt der Direktor des Schweiz. Bauernverbandes im «Bündner Bauer» vom 23. April als Appell an den Bauernstand, sich gegen die Pestizidfrei- und auch die Trinkwasserinitiativen einzusetzen.

Die Realität beim Pestizideinsatz ist jedoch eine andere. Im Mittelland und anderen Tallagen, wo die intensive Landwirtschaft stattfindet, werden seit den Achtzigerjahren zu hohe Nitratwerte im Grundwasser gemessen, zum Teil bis heute. Bei gesundheitsgefährdenden Pflanzenschutzmitteln wie Chlorothalonil, dessen Gefährlichkeit seit 20 Jahren bekannt ist, brauchte es zuerst ein EU-Verbot, bis 2019 die Schweiz nachzog.

Über das Mehrjahresprogramm Agrarpolitik 22+ wurde auf Bundesebene zwar weniger Pestizideinsatz angestrebt. Doch der Bauernverband und die Mehrheit im Parlament machten eine Kehrtwendung: Die Vorlage wurde sistiert und parallel dazu im Ständerat beschlossen, die Gewässerschutzräume im Landwirtschaftsgebiet zu verkleinern. In vielen kantonalen Gewässerschutzämtern ist man darüber entsetzt.

Mehr als 1200 Betriebe, das sind 62% der Bündner Bauernhöfe, produzieren heute Bio, ohne chemisch-synthetische Pestizide.
Kaspar Schuler, Vorstand Verda

Doch all das wird unter den Tisch gekehrt und stattdessen der Untergang beschworen. «Mit einem guten Pflanzenschutz sichern wir unsere Existenz und verhindern einen totalen Ernteausfall», argumentiert der Vizepräsident des Bündner Bauernverbandes gegen die Initiativen, im gleichen «Bündner Bauer». 

Die andere Realität leben die Biobäuerinnen und Bauern, auch und gerade in Graubünden. Mehr als 1200 Betriebe, das sind 62% der Bündner Bauernhöfe, produzieren heute Bio, ohne chemisch-synthetische Pestizide. Sie versorgen uns seit Jahrzehten mit gesunden Lebensmitteln, bewährt und erfolgreich. Von Untergang keine Spur. Mit zehn Jahren Übergangsfrist führt die Pestizidfrei-Initiative nun landesweit zu einer solchen, sinnvollen, boden- und gewässerschonenden Landwirtschaft, auch im Rest der Schweiz.